Negative Imagebildung in der Presse

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  Häufig sieht man in der Presse die Pflege des negativen Images der Hauptschule. Es ist bei weitem nicht nur der Rütli-Rummel, der übrigens als Zielpunkt nicht die schlimmen Jugendlichen hätte haben sollen, sondern die Verhältnisse, die sie dazu gemacht haben.
Auslöser dieser Ausführungen waren aber eigentlich zwei Zeitungsartikel in der Lokalpresse (überregionaler Teil), die in erschreckender Weise zeigen, wie unsensibel man mit dem Thema Hauptschule umgeht und unterschwellig allen Hauptschülern schadet, und das angesichts zweier grausiger Verbrechen!
Es sind nur wenige einfache Zusammenhänge, die offensichtlich nicht allgemein bekannt sind:

1. Erfolgreiche Grundschüler gehen nicht in die Hauptschule.
Was macht Schüler zu guten Grundschülern?
Mit Sicherheit nicht die Grundschule, die mit ihren wenigen Möglichkeiten nicht die individuelle Förderung leisten kann, die nötig wäre.
Es sind unterstützende, anregende liebevolle Elternhäuser, die das bewirken. Das sollen und dürfen sie auch. Aber was wird aus den Kindern, die vom Elternhaus noch nicht einmal einen halbwegs geregelten Tagesablauf geboten bekommen?

2. In der Hauptschule gibt es eine Ansammlung der verschiedensten Probleme, die man sich nur vorstellen kann, wenn man bereit ist, einmal Hausbesuche durchzuführen. Die Schule ist nicht flexibel genug und hat nicht die Möglichkeiten, die Probleme wahrzunehmen und angemessen damit umzugehen.
Stattdessen werden die Schüler - und die Elternhäuser - an anderen gemessen, die von vorne herein viel bessere Möglichkeiten haben.
Ständig werden nun in der Presse diese negativen Sachverhalte dargestellt. Es wird aber weitgehend versäumt, positve Ansätze wahrzunehmen oder gar welche vorzuschlagen oder zu fordern.

3. Die am häufigsten in der Presse zu findende Mitteilung ist die, dass Hauptschüler Schwierigkeiten haben, einen Ausbildungsplatz zu finden. Eine Meldung, die in ihrer undifferenzierten Art falsch ist und fatale Folgen hat:
Es haben benachteiligte Schüler Schwierigkeiten. Das ist wohl wahr. Und von diesen Schülern gibt es in der Hauptschule viele. Das ist auch wahr. Aber liegt das an der Hauptschule? Nein!
Dort werden im Rahmen der spärlichen Möglichkeiten teilweise wahre Wunder bewirkt, die aber dann fleißig ignoriert werden. So habe ich bis heute noch keinen gründlich recherchierten Bericht gelesen, aus dem hervorgeht, wie viele Hauptschüler anschließend den mittleren Bildungsabschluss machen oder gar das Abitur und dann studieren (ich kenne persönlich u.a. einen Pfarrer, eine Lehrerin, einen Bauingenieur und einen Elektroingenieur).
Mit dem Breittreten der Probleme von problembehafteten Schülern ist niemand gedient. Man zerstört nur die Motivation von ohnehin motivationsschwachen Schülern - und deren Eltern. Übrigens ist auch die Kraft engagierter Lehrkräfte nicht unbegrenzt selbsttragend.

4. Arbeitgeber loben zwar Hauptschüler, die sie als Praktikanten persönlich kennengelernt haben, bis auf wenige Ausnahmen. Bei Bewerbungen sortieren sie aber doch die Hauptschüler (aus Bequemlichkeit oder weil sie der Presse erlegen sind ?) aus und erweisen sich damit einen Bärendienst. Sie stellen gerne Bewerber mit Abitur ein, die sie nach der Ausbildung verlieren, weil diese ein Studium anfangen (mehrere Fälle persönlich bekannt).

5. Schließlich sind dann die Verhältnisse in der Ausbildungssituation eingetreten bzw. haben sich verfestigt, die herbeigeschrieben wurden.


Nun die beiden Zeitungsartikel: Weilburger Tageblatt vom 23.07.2008 und vom 24.07.2008

Welche Wirkung hat ein solcher Untertitel?
Und: Was hat der mit dem berichteten Sachverhalt zu tun? Gar nichts! Der Schüler hat ja die Schule geschwänzt, wie aus dem Artikel hervorgeht. Seine persönliche Entwicklung konnte also gar nicht von der Schule als Institution beeinflusst werden (die Möglichkeit in angemessener Weise sozialpädagogisch einzugreifen fehlt der Schule ja bekanntlich). Wenn man bei der redaktionellen Aufarbeitung aus sprachlichen Gründen andere Sustitutionen sucht, sollte man etwas sensibler sein.
Es wurde aber wieder einmal sehr deutlich gemacht: Es gibt ganz schlimme Hauptschüler!
presse1

Und wie ist der zweite Artikel aufgemacht? Viel dezenter.
Wenn man die Überschrift liest, wird nicht auf die Schulart hingewiesen, obwohl es um ein Verbrechen im Bereich der Schule geht. Die wenigen Zeilen sind mit dem Bildbericht oben nicht vergleichbar. Hier wurde nichts deutlich gemacht. Warum ist das so? Es gibt da verschiedene Möglichkeiten.


Es geht anders:   "Auch Hauptschüler können Karriere machen" (Die Zeit)
 
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